Amazonas / Cajamarca: Umweltverträglichkeitsprüfung des Marañón-Wasserkraft-Projektes Chadin 2 vorgestellt

Wasserkraftprojekt Chadin 2. Karte: Geoservidor MINAM.

Wasserkraftprojekt Chadin 2. Karte: Geoservidor MINAM. (für Vollansicht draufklicken)

Das Unternehmen AC Energia S.A. hat gestern in Balsas (Provinz Chachapoyas / Region Amazonas) die Umweltverträglichkeitsprüfung des geplanten Wasserkraftwerkes „Chadin 2“ vorgestellt, für das unterhalb der Stadt Balsas der Fluss Marañón aufgestaut werden soll. Gebaut werden, so geht aus der Zusammenfassung der Studie hervor, sollen mit einer Investitionssumme von rund 819 Millionen US-$ ein Staudamm, Maschinenhäuser, Straßen und einige Kanäle. Dem geplanten Stausee würden auch mehrere Ortschaften zum Opfer fallen, in der Region Amazonas beispielsweise Tupén und Mendan. Der Marañón trennt die Regionen Amazonas und Cajamarca voneinander, damit sind Orte beider Regionen betroffen.

Zuvor wurde die Umweltverträglichkeitsprüfung bereits in einigen der direkt von dem Projekt betroffenen Ortschaften vorgestellt, wo dem Projekt – nicht zuletzt wegen der notwendigen Umsiedlung, sowie dem Verlust von landwirtschaftlichen Anbauflächen – zunächst eher mit Skepsis begegnet wurde. Das Unternehmen möchte diese Skepsis vor allem durch Infrastrukturprojekte, Entschädigungen, sowie die Schaffung zahlreicher Arbeitsplätze abbauen. Um die Umsiedlung schmackhaft zu machen wurden gestern in Balsas mehrere Plakate aufgehängt, die zeigen sollten, wie andere Projekte des brasilianischen Konzerns Odebrecht, der auch hinter dem Chadin 2-Projekt steht, das Leben der Anwohner verändern. Zu sehen waren vorher-nachher-Bilder von baufälligen Bretterhütten mit löchrigem Strohdach, daneben einstöckige Häuser mit vergipsten Wänden, Wellblechdach, verglasten Fenstern, sowie einem Holzverschlag als Stall oder Abstellraum. Ob sich beispielsweise die betroffenen Bewohner von Tupén Grande davon überzeugen lassen, ist eher fraglich, gibt es dort doch bereits jetzt wesentlich schönere Gebäude.

Widerstand aus den betroffenen Distrikten

Marañón zwischen Tupén und Mendán. Foto: D. Raiser / INFOAMAZONAS.

Betroffen: Marañón zwischen Tupén und Mendán. Foto: D. Raiser / INFOAMAZONAS.

Dennoch hatte am vergangenen 10. Januar eine Gruppe von Landwirten aus Mendán (Distrikt Cocabamba / Provinz Luya) und aus dem Distrikt Chumuch (Provinz Celendín / Region Cajamarca) in einem Brief an Bergbau- und Energieminister Jorge Merino ihren Unmut über das Chadin II-Projekt ausgedrückt. „Bereits unsere Vorfahren bestellten diese Felder und heute sehen wir sie von diesem Projekt bedroht, das enorme Folgen für die Umwelt haben wird und mit unseren Feldfrüchten auch unsere einzige Einkommensquelle zerstört“, heißt es in dem Brief. Unterzeichnet wurde das Dokument nicht nur von Bürgermeister Jorge Rodriguez und dem Vertreter des Innenministeriums im Distrikt Chumuch, Percy Vásquez, sondern auch von 106 betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern von beiden Seiten des Marañón.

Auch 19 archäologische Fundstätten würden dem Stausee zum Opfer fallen, was mit diesen geschieht, ist bislang unbekannt. Zunächst, so geht aus der Umweltverträglichkeitsprüfung hervor, soll aber mit Hilfe von Spezialisten noch an einigen Orten gesucht werden, an denen weitere Fundstätten vermutet werden. 600 Megawatt soll von „Chadin 2“ produziert werden, nur wenige Kilometer Flussabwärts laufen bereits die Planungen für die Projekte „Veracruz“ und „Chadin 1“. Im Falle von „Chadin 2“ ist – wie bei den meisten in den vergangenen Jahren geplanten Wasserkraftprojekte in Peru – die treibende Kraft der brasilianische Konzern „Odebrecht“, der sich nicht zuletzt für den Export elektrischer Energie nach Brasilien stark macht.

Bürgermeister von Chachapoyas befürwortet „Chadin 2“

Befürwortet Chadin 2: Diógenes Zavaleta, Bürgermeister von Chachapoyas. Foto: MPCH.

Befürwortet Chadin 2: Diógenes Zavaleta, Bürgermeister von Chachapoyas. Foto: MPCH.

Einer jedenfalls ist begeistert von dem Projekt: Diógenes Zavaleta Tenorio, Bürgermeister der Provinz Chachapoyas, die – mit dem Distrikt Balsas – am oberen Ende des geplanten Stausees ebenfalls direkt betroffen ist.  Er bezeichnete das  geplante Wasserkraftwerk Chadin 2 als „Megaprojekt, das die gesamte Region Amazonas voranbringen“ werde und – nicht zuletzt durch die erwarteten Steuereinnahmen – den wirtschaftlichen, sozialen und touristischen Fortschritt der Region Amazonas anstoße. Bekannt ist Balsas, da es in unmittelbarer Nähe der „Chacanto“-Brücke liegt, die Amazonas und Cajamarca verbindet und insbesondere zur Fahrt von Chachapoyas über Leymebamba und Celendín nach Cajamarca befahren wird.

Den Initiatoren und Befürwortern bleibt noch einiges zu tun, wenn sie die Anrainer vom Nutzen des Stausees überzeugen möchten. Wie wichtig das ist, zeigte in den vergangenen Monaten der Streit um das Bergbauprojekt „Conga“ in der Region Cajamarca – gegen das sich große Teile der Bevölkerung der Provinz Celendín, die auch von „Chadin 2“ betroffen ist, mit aller Kraft wehren. Insbesondere die Fragen der Umsiedlung, der Urbarmachung neuen Ackerlandes und der Schaffung von Arbeitsplätzen für die Zeit nach dem Abschluss der Bauarbeiten, sowie ökologische Aspekt werden bei der weiteren Diskussion um „Chadin 2“ vermutlich im Mittelpunkt stehen.

Zahlen

175 Meter hoch würde der Staudamm an seiner höchsten Stelle, 370 Meter breit an der breitesten. Für den Bau des Staudamms ist die Anstellung von 2.080 Personen geplant. Für die Bauarbeiten sind fünf Jahre angesetzt, anschließend ein weiteres Jahr bis zur Füllung des Stausees. 20 Ortschaften und Gehöfte würden überflutet, in denen insgesamt 970 Personen leben, die umgesiedelt werden müssten.

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