Peruanische Folkloreindustrie trotzt Wirtschaftskrise

Onda Latina. Plakat für ein Cumbiakonzert in San Juan de Ocumal (Amazonas/Peru). Foto: D. Raiser

Onda Latina. Plakat für ein Cumbiakonzert in San Juan de Ocumal (Amazonas/Peru). Foto: D. Raiser

Einen peruanischen Industriezweig hat die Wirtschaftskrise nur leicht getroffen. Der Volksmusiksektor, der seit dem tragischen Tod der gesamten Cumbiagruppe „Nectar“ einen extremen Aufstieg erfahren hat, brummt noch immer. Cumbia und Huayno, dereinst von der limenischen Jugend verachtet, die sich lieber dem Salsa widmete, ist ganz oben angekommen. Die Volksmusikkapelle „Grupo 5“ ist auf allen Fernsehkanälen zu jeder Zeit präsent. Der Mord an der Folkloresängerin Alicia Delgado, der eine amouröse Beziehung zu ihrer Berufskollegin Abencia Meza nachgesagt wurde, hat auch eine neue Version des Anden-Rythmus Huayno wieder ganz oben in die (Raubkopie-)Charts katapultiert.

Alles in Allem: Abgesehen von einer unnatürlichen Häufung unnatürlicher Todesursachen kann die Branche nicht klagen. Das berichtet dieser Tage auch die Vereinigung peruanischer Autoren und Komponisten APDAYC, die in etwa der deutschen GEMA entspricht. Mindestens 10 Millionen Nuevos Soles, umgerechnet mindestens 2,5 Millionen Euro, setzt die Folkloremusikindustrie Monat für Monat um. Dabei sind nur die Gruppen und Künstler eingerechnet, die Mitglied bei APDAYC sind. Die zahlreichen kleineren Gruppierungen, die Tag für Tag Dörfer und Kleinstädte des peruanischen Andenhochlandes mit ihrer Musik beglücken sind noch nicht dabei. Ein einzelner Sänger kann bei großen Auftritten – z.B. in Lima – mit einem Umsatz von bis zu 10.000 Nuevos Soles rechnen. Bei Cumbiagruppierungen sind es bis zu 30.000 Nuevos Soles. Allerdings gibt es auch Gruppen wie Hermanos Yaipén, Agua Marina und Grupo 5, die unter 30.000 Nuevos Soles die Bühne nicht betreten.

Gewachsen ist auch die Präsenz im Radio. So hat der Cumbia inzwischen andere ehemals populäre Musikstile wie Salsa, Merengue oder Reggueton weitgehend verdrängt. Wegen der Wirtschaftskrise ging zwar auch der Gesamtumsatz der Cumbiagruppen leicht zurück, die oben genannten drei Gruppierungen konnten ihr Ergebnis aber noch steigern.

Tourbus der Cumbiagruppe Corazon Serrano. Foto: D. Raiser

Tourbus der Cumbiagruppe Corazon Serrano. Foto: D. Raiser

Dabei kommt der Umsatz in erster Linie nicht durch CD- oder Eintrittskartenverkäufe zu Stande. Selbst in der peruanischen Hauptstadt Lima ist es nicht einfach, an Original-CDs von Cumbia- oder Huaynokünstler zu kommen. Der Schwarzhandel dagegen blüht – und bestimmt in Wirklichkeit, welche Musik gehört wird. Das Geld wird mit flüssigem verdient. Auf einem Konzert mit 4.000 Personen werden „mindestens 2.000 [volle] Bierkästen“ verkauft, so APDAYC-Präsident Armando Massé.

Von den Einnahmen müssen natürlich noch die Ausgaben für Sicherheitsdienste, Werbung, Catering und der obligatorische Kauf von Sendezeiten im Radio abgezogen werden, dennoch bleibt am Ende etwas übrig. Das liegt auch daran, dass beispielsweise an Sylvester die Preise vier Mal höher liegen als im übrigen Jahr. Dennoch strömen tausende Begeisterte Gruppen- oder Päärchenweise in völlig überfüllte Cumbiaarenen, um zu tanzen und -vor allem- um zu trinken.

Da kommen beeindruckende Zahlen zusammen: 120 Millionen Nuevos Soles Einnahmen im Jahr 2009. 2010 wird man das wohl übertreffen.

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