„Der Andenkondor will nicht aussterben und kehrt ins Amazonasgebiet zurück“ titelte vor wenigen Tagen die peruanische Tageszeitung „El Comercio“. Andere Medien übernahmen die Meldung. Zu unrecht, wie die Forscherin Adriana von Hagen, Co-Direktorin des Museums und Forschungszentrums „Centro Mallqui“ (Leymebamba) jetzt gegenüber dem INFOAMAZONAS erklärte. Denn: Der Kondor war niemals weg.
Insgesamt fünf Kondore sind in der Nähe von Leymebamba beheimatet, berichten Vogelkundler. Noch vor wenigen Wochen waren es nur vier, dann konnte eine Gruppe von Vogelschützern um Adriana von Hagen, Oscar Bravo Cruz und Rob Dover einen jungen Kondor in die Freiheit entlassen. Der Vogel hatte kurz vor seinem ersten Geburtstag Anfang Dezember seine ersten Flugversuche unternommen und war dabei auf einem nahe gelegenen Feld unsanft gestürzt. Dabei verletzte er sich am Fuß. Der Besitzer des Feldes wollte ihn schlachten und essen oder meistbietend verkaufen. Das beherzte Eingreifen mehrerer Dorfbewohner rettete „Kondorcito“, wie er in Leymebamba liebevoll genannt wird, vermutlich das Leben.
Deswegen können vogelinteressierte Reisende heute „Kondorcito“ und seine Artgenossen beobachten. Dazu müssen sie allerdings etwas Zeit und Glück mitbringen, so Adriana von Hagen gegenüber dem Peru-Nachrichtenportal INFOAMAZONAS. Die Kondore, eine der größten flugfähigen Vogelarten weltweit, leben im Atuén-Tal, das rund eine Laufstunde vom Museum Leymebamba entfernt liegt. Sie nisten in dessen steil abfallenden Hängen. An manchem Tag sind sie aber auch einfach „ausgeflogen“. Dann findet man sie vielleicht an dem See, dem sie einst ihren Namen gaben, die „Lagunda de los Cóndores“ (dt. Kondorsee).
In Zukunft sollen die Leymebamba-Kondore auch besser geschützt werden. Dazu haben Kondor-Fans wie Oscar Bravo Cruz eine Reihe von Informationsveranstaltungen geplant. Darin wird nicht nur die bewegende Geschichte der ersten Flugversuche von „Kondorcito“ erzählt, noch wichtiger ist, der ländlichen Bevölkerung am südlichen Ende der Region Amazonas die Bedeutung des Kondors bewußt zu machen. Denn der Kondor ist nicht nur wichtig für das Ökosystems, sondern auch für den Geldbeutel der lokalen Bevölkerung, die durch den Schutz der Kondore ein Mehr an Besuchern erwarten kann.