Wegen Ermächtigungsgesetz: Menschenrechtsverletzungen könnten ungesühnt bleiben (Peru)

Selbst Ex-Diktator Alberto Fujimori könnte schon bald das Gefängnis verlassen. Denn „dank“ eines vom peruanischen Kongress -mit den Stimmen der Regierung und den Fujimori-Parteien-  verabschiedeten Ermächtigungsgesetzes kann die peruanische Regierung für 60 Tage Gesetze aus den Bereichen Strafrecht und Strafprozessordnung ändern und erlassen. Die Regierung unter Präsident Alan García, insbesondere das Haus des Ultrarechtskonservativen Verteidigungsministers Rafael Rey, machen davon reichlich Gebrauch. So wurde bereits ein Reglement erlassen, das die Einführung einer eigenen Polizei- und Militärgerichtsbarkeit vorsieht. Auch der „legale Einsatz von Gewalt“, insbesondere im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen und Militäraktionen im Landesinnern wurde rechtlich abgesichert.

Die problematischste Neuerung ist aber ein vor wenigen Tagen in Kraft getretenes gesetzgebendes Dekret, das den Beginn der Anwendung einiger Paragraphen der erst kürzlich erlassenen neuen Strafprozessordnung vorzieht. In den Paragraphen geht es vor allem um die zulässige Zeit der Untersuchungshaft im Falle von Prozessen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sowie um kürzere Verjährungsfristen.

Erste Colina-Verbrecher haben Entlassung schon beantragt

Peruanische Verfassungsrechtler, sowie zahlreiche Menschenrechtsorganisationen sehen hinter dem Gesetz einen Versuch, nicht nur die ehemaligen Mitglieder der Colina-Gruppe, einer Spezialeinheit des peruanischen Geheimdienstes während der Fujimori-Diktatur in den 90er Jahren, die für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist, sondern auch den Diktator selbst aus dem Gefängnis zu holen und eine Art Amnestie durchzusetzen. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation APRODEH haben inzwischen rund 20 ehemalige Colina-Mitglieder und andere, verurteilte Ex-Militärs angekündigt, ihre Freilassung zu beantragen.

Im Text des gesetzgebenden Dekretes 1097, das die Unterschrift des Präsidenten, des Premierministers Velásquez Quesquén, des Verteidigungsministers, des Innenministers Salazar Miranda, sowie des Justizministers García Toma trägt, steht, die Konvention über die Unverjähbarkeit von Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei erst für Taten nach dem 9.11.2003 anzuwenden. Damit würden in Fällen, die vor diesem Datum lagen, Verurteilungen auf Basis dieser Konvention Nichtig.

Carlos Rivera, Rechtsanwalt bei der Menschenrechtsorganisation IDL, sieht in dem Dekret ein erneutes Amnestiegesetz, ähnlich dem, das unter der Fujimori-Diktatur 1995 eingeführt wurde. Ein wenig raffinierter, aber mit dem selben Effekt, so Rivera.

Justizminister vor Rücktritt

Innerhalb der peruanischen Regierung soll dabei keine Einigkeit über den genauen Gesetzestext geherrscht haben. Wie Justizminister García Toma gegenüber dem Nachrichtensender RPP erklärte, schließe die Vorlage seines Ministeriums die Freilassung beispielsweise der Colina-Mitglieder ausdrücklich aus. Für den Fall, dass der Vorlage des Verteidigungsministeriums nun Vorrang eingeräumt worden sein sollte, kündigte er seinen Rücktritt an.

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